Eigentlich hätte der Film Zwei heißen müssen, lässt Tom Tykwer in einem Interview durchblicken. Ein Film über eine langjährige Beziehung sollte es werden. Aber weil das offenbar genauso dröge ist, wie es klingt, heißt der Film nun Drei und es geht nicht um eine klassische Beziehung zwischen Mann und Frau, sondern um eine Dreiecksgeschichte.
Wir befinden uns im Milieu der Bildungselite. Hier wird über Kunst und Sex gesprochen. Jeder ist offen, alle sind außergewöhnlich und aufgeklärt, man ist reflektiert und erwachsen und nichts kann einen aus der Ruhe bringen. Tykwer lenkt den Blick auf ein Paar, das in diesem Milieu heimisch ist. Sie, Hanna, arbeitet für das Fernsehen, raucht viel und findet sich offenbar selbst langweiliger als es der Zuschauer je könnte. Er, Simon, macht irgendwas mit Kunst, leidet an Hodenkrebs und erlöst seine ebenfalls krebskranke Mutter diskret durch Sterbehilfe. Dieses Paar soll normal sein, eingespielt, und hat mit seinen eigenen Probleme zu kämpfen. Probleme, die angeblich jedes andere Paar auch kennt. Nur, dass dem nicht so ist. Der Film baut einen Realitätsanspruch auf, den er nicht zu halten vermag.
Die Geschichte entwickelt sich absurd. Sowohl Simon als auch Hanna lernen Adam kennen und verlieben sich in ihn. Und weil sie sich ja, wie es in jeder langjährigen Beziehung normal ist, so ähnlich geworden sind, lassen sich beide auf eine Affäre mit dem bisexuellen Mann ein. Nebenbei heiraten sie, tun als sei nichts gewesen und sprechen übers Kinderkriegen. Dass das nicht lange gut geht, kann sich der Zuschauer schon denken. Dennoch zieht sich die Litanei über mehr als 119 Minuten hin. Zuerst darf man jedoch Simons Hoden-OP beistehen. Ob man es nun als Filmkunst bezeichnen kann, wenn man zusehen darf, wie ein menschlicher Hoden entnommen wird, ist zweifelhaft. Da wäre man nun bei einem anderen Thema des Films. Der Kunst. Kunst ist Bestandteil des aufgeklärten Lebens, steht für Stil und eine Bildungsschicht. Die Kunst ist aber auch ein Bestandteil des Films und ein Regisseur wie Tom Tykwer hat es wohl nun auf den Kunstanspruch abgesehen. Aber wie definieren wir Kunst? Jeder wohl ganz anders, denn neuerdings stehen ausgeprägte Sex-Szenen, Hoden-OPs und der Einblick in den Mutterleib für Filmkunst. Und auch der kleine Vorspann des Films, in dem das Beziehungsdrama als Tanz dargestellt wird, soll Kunst sein. Man könnte es aber auch überflüssig nennen und sich so jeglicher Komplikationen erleichtern. Handelt es sich bei Tykwers neuem Film also um postmoderne Kunst? Oder ist es einfach nur Provokation? Oder ist Kunst neuerdings gleichzusetzen mit Provokation? Hat Tykwer eine revolutionäre neue Art von Kunst geschaffen? Wohl kaum, werden Kenner behaupten und auf wirkliche Kunst verweisen, die zwar ebenfalls postmodern und provokativ ist, dabei aber vor allem stilvoll. Und stilvoll ist ein Wort, das man auf Tykwers neuen Film nicht anwenden kann.
Ohne Stil ist auch der weitere Verlauf der Geschichte. Hanna wird schwanger und weiß natürlich nicht, von wem das Kind stammt. Denn, wie sie ihrer Ärztin so schön erklärt, sie habe manchmal auch mit beiden Männern an einem Tag Sex gehabt. Und als sie zu Adam rennt, um ihm von der Schwangerschaft zu erzählen, trifft sie dort auf ihren nackten Mann. Es folgt natürlich die Trennung des Paares. Vermissen tun sie sich trotzdem, und zwar alle drei. Und es endet dann, wie sollte es anders sein, mit einem flotten Dreier. Spätestens zu diesem Zeitpunkt drängt sich die Frage auf, ob Sex zukünftig der Schlüssel für einen guten Film ist. Oder ist es gar Absurdität. Die Antwort liegt wohl in der Menge der angewendeten Bilder und Tom Tykwer übertreibt es ganz eindeutig.
Betrachtet man den Film nun als das, was er ist und nicht als das, was er sein will oder mit viel gutem Willen sein könnte, steht man der Frage gegenüber, was bleibt und was kann ich als Zuschauer mit nach Hause nehmen? Welchen Grund habe ich, mir diesen Film anzusehen? Ein Blick auf den Regisseur. Tom Tykwer ist 1965 in Wuppertal geboren und gehört zu den erfolgreichsten deutschen Regisseuren. Der internationale Durchbruch gelang ihm 1998 mit dem Film Lola rennt und auch danach drehte er große Filme mit erfolgreichen Hollywood-Schauspielern. Jetzt ist Hollywood nicht das Maß aller Dinge, sich aber von den weltlichen Bühnen zurück nach Deutschland zu orientieren und dabei nicht ein klein wenig Größenwahn mitzubringen, das gelingt Tykwer nicht. Obwohl der Film Drei also von einem bislang sehr erfolgreichen und tatsächlich als gut zu bezeichnenden Regisseur gedreht wurde, ist auch das kein Grund, das Kino zu besuchen und sich den Film anzusehen. Dem Zuschauer bleibt nachher nicht viel mehr als der Drang, nach Hause in sein wohl behütetes und ach so normales Heim zu fliehen und sich dort seinem beruhigenden Alltag hinzugeben. Ob das aber Tykwers Motivation war, kann man hier nur in Frage stellen.
Fazit: Tom Tykwer hat eigentlich oft genug bewiesen, dass er mehr kann, als plump auf clever und revolutionär zu tun und hat es in diesem Film trotzdem nicht darüber hinaus geschafft. Drei ist einfach ein Film zu viel und kann getrost im DVD-Regal versauern.
Soll ich es nun wirklich noch sagen? Also von mir kriegt der Film 0 von 10 möglichen *Sternen*.
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